Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit sind zwei Seiten derselben Medaille
Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit war eines der zentralen Wahlkampfversprechen der schwarz-roten Koalition. 100 Tage nach Amtsantritt der neuen Bundesregierung vermisst der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) jedoch eine klare Offensive, um dieses Versprechen einzulösen. Angesichts der globalen Großwetterlage – von Zöllen bis zu geopolitischen Spannungen –, auf die Deutschland nur bedingt Einfluss nehmen kann, ist es umso dringender nötig, dass die Bundesregierung die Projekte angeht, die in ihrer Hand liegen.
„Wir erwarten von der Bundesregierung im Herbst eine klare Offensive für mehr Wettbewerbsfähigkeit und eine strukturelle Stärkung der Industrie“, so Florian Keisinger, Hauptgeschäftsführer des ZDS. „Das geht nur mit starken Häfen – Grundpfeiler einer leistungsfähigen Wirtschaft. Ohne sie sind strategische Projekte wie Zeiten- und Energiewende nicht zu stemmen. Wettbewerbsfähigkeit und äußere Sicherheit sind zwei Seiten derselben Medaille.“
Einfuhrumsatzsteuer: Schnelle Entlastung mit großem Effekt
Eine Maßnahme, die schnell, wirksam und mit geringem politischem Aufwand die versprochene Wettbewerbsfähigkeit stärken würde, ist die von der Koalition zugesagte Reform der Einfuhrumsatzsteuer. Trotz anderslautender Ankündigung ist bisher nichts passiert. Das bisherige Modell ist bürokratisch, bindet unnötig Liquidität und ist ein Nachteil für deutsche Unternehmen. Hier muss die Regierung dringend tätig werden.
„2024 zog der Zoll rund 75 Milliarden Euro Einfuhrumsatzsteuer ein – Kapital, das den Unternehmen vorzeitig für Investitionen entzogen wurde. Das entspricht acht Prozent der gesamten Steuereinnahmen“, so Keisinger. „Gerade mittelständische Importeure geraten dadurch unter Druck. Hier liegt eine greifbare Chance, die Wirtschaft konkret zu stärken. Deutschland muss diese Möglichkeit jetzt nutzen und das Verrechnungsmodell sofort einführen.“
Hafenfinanzierung: Ohne starke Häfen keine starke Industrie
Seehäfen sind unverzichtbar für Klimaschutz, Versorgungssicherheit und industrielle Wertschöpfung. Das Förderprogramm „Klimafreundliche Schifffahrt und Häfen“ im Klima- und Transformationsfonds (KTF) stellt für die maritime Wirtschaft 400 Millionen Euro über vier Jahren bereit – ein erster Schritt, aber bei weitem nicht ausreichend.
Der Investitionsbedarf der Seehäfen liegt nach ZDS-Erhebung bei 15 Milliarden Euro – lediglich drei Prozent des Sondervermögens Infrastruktur. „Das sind keine Wunschlisten, sondern belastbare Bedarfszahlen aus den Häfen selbst“, betont Keisinger.
Zusätzlich fordert der ZDS eine dauerhafte Grundfinanzierung von 500 Millionen Euro jährlich, um Sanierungsstaus zu verhindern und die Infrastruktur zukunftsfest auszubauen.
Förderrahmen bei Stromsteuer anpassen
Auch bei der Modernisierung des Stromsteuergesetzes sieht der ZDS akuten Handlungsbedarf. Bisher profitieren nur produzierendes Gewerbe sowie Land- und Forstwirtschaft von Entlastungen – Seehafenbetriebe bleiben außen vor.
Das ist nicht nachvollziehbar. Denn Häfen sind zentrale Logistikknoten der nationalen Versorgungssicherheit und leisten einen wesentlichen Beitrag für die Wertschöpfungsketten der produzierenden Industrie. Wenn nun eine gesetzliche Absenkung auf den EU-Mindeststromsteuersatz von 0,05 Cent pro KWh stattfinden soll, müssen Seehafenbetriebe in künftigen Entlastungsregelungen gleichbehandelt werden.
„Wer wie Friedrich Merz die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zur Priorität erklärt, darf die Seehäfen nicht übersehen“, fasst Keisinger zusammen. „Ohne starke Seehäfen keine starke Wirtschaft – und ohne starke Wirtschaft keine starke Sicherheitspolitik und keine erfolgreiche Zeiten- und Energiewende.“