24. März 2020. Die deutschen Seehafenbetriebe und ihre Mitarbeiter erbringen systemrelevante Dienstleistungen für die Mobilität von Menschen und Gütern. Seit Beginn des Ausbruchs der Infektionskrankheit verfolgt die Hafenwirtschaft aufmerksam die Entwicklungen im Hinblick auf den Schutz ihres Personals und auf die Auswirkungen auf den Umschlagbetrieb und die Lieferketten.
Für Hafenarbeiter*innen bestehen keine Gefahren, die über die Gefahren für die Bevölkerung insgesamt hinausgehen. Die wirtschaftlichen Folgen für die maritime Logistik werden sich erst in den kommenden Wochen voll entfalten und abschätzen lassen. Zur Gewährleistung möglichst flüssiger Güterverkehre auch über Staatsgrenzen hinweg müssen Länder, Bund und Hafenwirtschaft weiter eng zusammenarbeiten.
Vorgehen im Hafen
Die Seehafenbetriebe stimmen ihr Vorgehen auf die Vorgaben des Robert-Koch-Institutes, der hafenärztlichen Dienste und der örtlichen Gesundheitsbehörden ab. Die Unternehmen informieren ihre Mitarbeiter und ergreifen die jeweils notwendigen Maßnahmen, von der Bereitstellung von Desinfektionsmitteln bis hin zur Einschränkung von beruflicher Mobilität.
Seehafenbetriebe informieren entsprechend der Bitte des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur Reisende und Besatzungen von Schiffen, die in Gefahrengebieten ausgelaufen sind, über Hygiene-, Gesundheits- und Meldeverfahren.
Wirtschaftliche Auswirkungen
Alle Seehafenbetriebe wie Umschlagbetriebe, Stauereien und Lagerhalter vermelden bereits jetzt erhebliche Volumeneinbußen.
Besonders betroffen sind der Umschlag von Containern, Stückgütern, Fahrzeugen (derzeit Importe aus Fernost) sowie der Fährverkehr und die Abfertigung von Kreuzfahrtschiffen. Aktuelle Schätzungen von Rückgängen liegen im zweistelligen Prozentbereich, je nach Ladungsart und Standort. Zahlreiche Schiffsanläufe wurden abgesagt und noch ankommende Schiffe bringen weniger Ladung.
Die genaueren Effekte werden sich standortübergreifend erst feststellen lassen, wenn die Auswertungen des Statistischen Bundesamtes vorliegen. Vor allem jedoch werden die vollen Auswirkungen erst im April und Mai spürbar sein, wenn die normalerweise im ersten Quartal 2020 produzierten und verladenen Importe aus Fernost in deutschen Häfen eingetroffen wären. Im weiteren Verlauf wird sich die zurückgegangene Güternachfrage in Deutschland und den Nachbarstaaten im Umschlag in deutschen Seehäfen bemerkbar machen. In den Häfen ist mit einer starken Unterauslastung zu rechnen. Zugleich kann es zu Flächenengpässen kommen, wenn etwa Leercontainer nicht nachgefragt werden bzw. beladene Container, Fahrzeuge oder Stückgüter nicht abgeführt werden können. Der Hafenwirtschaft stehen noch große logistische und finanzielle Herausforderungen bevor.
Handlungsbedarf für die Politik
Seehafenbetriebe sind für funktionierende Lieferketten für die gesamte Wirtschaft unabkömmlich. Die Hafenwirtschaft muss als strategischer Bestandteil von Lieferketten mit im Fokus von operativen und finanziellen Unterstützungsmaßnahmen der öffentlichen Hand stehen.
Die Hafenwirtschaft begrüßt die bereits beschlossenen Maßnahmen des Bundes zum Zugang zur Kurzarbeit, zu Krediten und Bürgschaften und zu konjunkturfördernden Investitionen. Stundungen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sollten auch in Betracht gezogen werden, gerade für kleinere Unternehmen.
Im weiteren Verlauf müssen Bund und Länder kurzfristig die zur Gewährleistung der Versorgung von Konsumenten und Wirtschaftsunternehmen erforderlichen Verkehrsanbindungen zwischen Seehäfen und den Wirtschaftszentren in Europa sicherstellen, gerade auch im grenzüberschreitenden Güterverkehr. Dies gilt auch für Staaten, die nicht der Europäischen Union angehören (z. B. Weißrussland).
Etwaige Einschränkungen sollten klar und so frühzeitig wie möglich kommuniziert, also möglichst planbar umgesetzt werden. Zur Aufgabe zählt auch, kleine und mittelständische Fuhr- und Speditionsunternehmen zu stützen, da ihnen eine wichtige Rolle bei der Durchführung von Hinterlandverkehren und bei der Bewältigung der Nachfrage nach Abflauen der Epidemie zukommt.
Die deutsche Hafenwirtschaft arbeitet mit Hochdruck daran, die Gesundheit ihrer Belegschaften zu schützen und gewohnt effiziente Lieferketten zu gewährleisten. Die Unterstützung der öffentlichen Hand wird bei der Sicherstellung strategischer Versorgungswege sowie bei der Abfederung der wirtschaftlichen Folgen von Covid-19 erforderlich sein.